Freitagmorgen, 14.09.2018, 08.12 Uhr
Ich sitze hinter meinem Schreibtisch und beobachte meine Klasse bei der Arbeit. In Kleingruppen schlüpfen meine Schülerinnen und Schüler in die Rolle eines Regisseurs. Sie müssen, angelehnt an das Kapitel «William Shakespeare» aus dem Lehrmittel Sprachstarken 9, ein Drehbuch zu einem selbstgewählten Leitmotiv verfassen. In einem weiteren Schritt ist dann die filmische Umsetzung des eigenen Drehbuchs geplant.
Die letzten Arbeiten stehen an, der Feinschliff. Der Text ist grösstenteils geschrieben. Über OneNote und Microsoft Word Online arbeiten die Jugendlichen gleichzeitig am Text. Alle sind aktiv an der Arbeit beteiligt. Die Jugendlichen spezialisieren sich auf ausgewählte Bereiche. Ein Junge arbeitet gemäss Vorgaben zur Textformatierung und Beispiel Drehbuch an der Textformatierung, ein Mädchen spezialisiert sich auf die Grammatik und Rechtschreibung, Online-Korrekturprogramme unterstützen sie bei ihrer Arbeit, und der leitende Regisseur gleicht den Text mit dem ausgehändigten Bewertungsraster ab. Gelegentlich versammeln sie sich vor einem Bildschirm und besprechen Schwierigkeiten und das weitere Vorgehen. Hie und da entstehen kurze, hitzige Diskussion, bevor man sich wieder individuell der Arbeit widmet. Ein Schüler meint, dass die gemeinsame Absprache und Aufgabenteilung zentral sind, sonst funktioniert das Ganze nicht. Zwei Minuten später höre ich nichts mehr, alle sind wieder in ihren Aufgabenbereichen vertieft.
Technische Probleme beeinflussen hie und da die Arbeit. Die Textformatierung, insbesondere die Arbeit mit Tabulatoren, funktioniert nur dann, wenn die Schülerinnen und Schüler eine Kopie des online-Dokuments herunterladen und offline bearbeiten. Auch Verzögerungen bei Ausformulierungen und bei der Textgestaltung treten auf. Genervte «Ahh..»’s wechseln sich ab mit konstruktiven Diskussionen rund um das Drehbuch. Ich selbst habe mich zurückgezogen, agiere als interessierter Beobachter und biete Hilfestellungen, wo ich kann und wo sie benötigt werden. Word-Grundlagenkenntnisse werden angewendet, da es integraler Bestandteil der Aufgabe ist. Häufig wird auch ausprobiert (trial & error) und gelegentlich wird meine Hilfe benötigt. Eine Schülerin schaut gerade ein Kurzvideo zur Arbeit mit Tabulatoren. Ich habe sie nicht darauf aufmerksam gemacht. Zuvor fragte sie kurz, ob das in Ordnung gehe. Natürlich geht das in Ordnung!
Ich selbst habe das Gefühl, dass alle Jugendlichen aktiv Texte «schaffen» und sich intensiv mit der Sprache und der formalen Textgestaltung auseinandersetzen. Der Anteil echter Lernzeit ist hoch und die Kooperation funktioniert, da diese digitale und kooperative Arbeitsform bereits häufiger aufgegriffen und thematisiert wurde. Irgendwie gefällt mir die Lektion, auch wenn ich selbst sehr gerne aktiv vor der Klasse stehe. Ich erlebe wieder einmal, wie bei diesem Beispiel die digitalen Möglichkeiten einen klaren Mehrwert generieren.
Auch die Drehbücher lassen sich sehen. Sie sind zumeist einheitlich gestaltet und sprachlich intensiv überarbeitet. Auch sehe ich als Lehrperson relativ deutlich, wo trotz sprachlicher Überarbeitung und Textformatierung nach wie vor Schwierigkeiten vorhanden sind und wo nicht nur die Lernenden, sondern auch Korrekturprogramme an ihre Grenzen stossen.
Das Projekt hinterlässt im Grossen und Ganzen einen stimmigen Gesamteindruck bei mir. Ein Beispieldrehbuch aus der 3. Realstufe und ein weiteres aus der 3. Sekundarstufe offerieren konkrete Einblick in die Arbeit und das Endprodukt.