Kooperative Lernformen: Etherpad und das schriftliche Argumentieren

Die schriftliche Argumentation ist für viele meiner Jugendlichen die Königsdisziplin des Deutschunterrichts. Es fällt ihnen schwer, ihre Gedanken strukturiert und überzeugend auf Papier zu bringen. Bei mündlichen Diskussionen hingegen sprudeln die Lernenden nur so von kreativen und (zugegebenermassen nur teilweise) sachlichen Argumenten. Besonders dann, wenn einer meiner Entscheide auf Unverständnis stösst…
Dennoch, hier ist Potential vorhanden!

Als Vorbereitung auf die summative Lernkontrolle der schriftlichen Argumentation habe ich mich dazu entschieden, den dialogischen Charakter der mündlichen Argumentation beizubehalten und in schriftlicher Form aufzugreifen. Das Resultat war interessant.

Zu Beginn der Lektion repetierten wir nochmals kurz den Aufbau eines dreigliedrigen Arguments. Wir starteten mit mündlichen Diskussionen zu aktuellen Themen aus der Erfahrungswelt der Jugendlichen. Anschliessend stellte ich den Lernenden das anonyme Rollenspiel auf Etherpad vor. Alle Jugendlichen schlüpften in die Rolle einer Person und mussten aus dieser Perspektive für ihren Standpunkt argumentieren. Während der Schreibphase herrschte dann absolutes Sprechverbot. Nur schriftlich durfte kommuniziert, diskutiert und argumentiert werden. Die Rollen wurden erst am Ende der Lektion aufgelöst und reflektiert.

Selten habe ich eine solch ruhige und konzentrierte Lektion erlebt. Vereinzeltes Kichern war das einzige, das ich während 20 Minuten zu hören kriegte. Die Lernenden tippten wie wild auf ihrer Tastatur herum und waren bestrebt, ihre Meinung zu äussern.

Insgesamt eine gelungene Lektion, aber Vorsicht:

  • Die Texte können auf Etherpad zeitlich synchron bearbeitet werden. Dies bedeutet auch, dass die Lernenden gegenseitig ihre Texte löschen und bearbeiten können.
    Gut zu wissen: Auch diesen Umstand kann man als Lehrperson thematisieren. Mit dem Timeslider können auch gelöschte Inhalte wieder sichtbar gemacht werden. Die Lehrperson hat jederzeit Zugriff auf alle Etherpads. Stichwort: Verantwortungsvoller Umgang im Netz – das Internet vergisst nie!
  • Die Gefahr besteht auch hier, dass schnell Abstand genommen wird von der strukturierten Argumentation. Es muss darauf geachtet werden, dass der Meinungsaustausch formal und sprachlich nicht zu stark in die Mündlichkeit abdriftet.
    Hier kann man die grundlegenden Unterschiede zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit zum Thema machen.
  • Bei Etherpad handelt es sich nicht um eine Textverarbeitungssoftware, sondern um einen webbasierten Texteditor zur kollaborativen Bearbeitung von Texten. Grammatik und Rechtschreibung stehen nicht im Fokus, sondern die inhaltliche Argumentation. Sprachformales rückt bei dieser Diskussionsform in den Hintergrund.

Viel Spass beim Ausprobieren mit der Klasse!

Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht: Die Fotostory

Die Idee einer Fotostory im Literaturunterricht ist keineswegs neu, sondern gehört bei den digitalen Ansätzen wohl eher bereits zum «alten Eisen». Im Sommer werde ich meine erste eigene Klasse abgeben. In einem melancholisch angehauchten Moment blättere ich in der gemeinsam erstellten Fotostory zum Jugendroman «Romeo und Jabulile»: eine Reminiszenz an kreative Literaturstunden aus der Zeit der 1. Oberstufe.

Im Anschluss an die gemeinsame Lektüre wurde damals ein handlungs- und produktionsorientierter Ansatz gewählt. Dabei sind wir folgendermassen vorgegangen:

  1. In Gruppen haben die Lernenden ausgewählte Kapitel Revue passieren lassen und Schlüsselszenen herausgearbeitet.
  2. Die Protagonisten wurden einzelnen Lernenden zugeteilt. Jede Schülerin und jeder Schüler musste zwingend auf einem Standbild ersichtlich sein.
  3. Es wurde geplant, an welchen Orten, mit welchen Requisiten und mit welchen Kameraperspektiven die Schlüsselszenen abgebildet werden sollten. Eine Skizze/ein Storyboard half bei der Visualisierung der Idee. (vgl. Arbeitsauftrag)
  4. Die Fotos wurden geknipst und per Microsoft Teams oder Microsoft OneDrive auf die Tablets geladen. Einzelne Lernende teilten die erstellten Ordner oder erstellten einen Gruppenchat.
  5. Die Fotos wurden in eine von mir erstellte Word-Vorlage hochgeladen.
  6. Erneut vertieften sich die Jugendlichen nun im Originaltext. Die Schlüsselszenen wurden mit Originalpassagen aus dem Buch ergänzt.
  7. Die Fotos selber wurden mit Sprech- und Gedankenblasen ergänzt. Kreative Dialoge und sprachliche «Neuschaffungen» waren die Folge davon.
  8. Die Schlüsselsequenzen wurden mir schliesslich zugesendet. Nach Überprüfung und weiteren Anregungen sammelte ich die einzelnen Word-Dokumente, fügte sie zur Fotostory zusammen und stellte sie anschliessend den Lernenden in ausgedruckter Version zur Verfügung.

Aus mehreren Gründen begrüsste ich die kreative Arbeit am Computer:

  • Überfachlich wurden so Anwendungskompetenzen aus dem Modullehrplan «Medien und Informatik» produktionsorientiert erworben und vertieft. (Ansätze: kooperative Lernformen, Textverarbeitungsprogramme, Medienproduktion, Medienanalyse / vgl. Jahresplanung «M&I»)
  • Persönliche Bezüge zum Text wurden initiiert und dadurch auch die Freude und Kreativität im Umgang mit Literatur geweckt.
  • Durch die intensive Arbeit an den zugeteilten Kapiteln und der Auswahl an Schlüsselszenen wurde die Texterschliessungskompetenz der Jugendlichen gefördert.
  • Die Jugendlichen mussten sich überlegen, wie sie sich selbst auf Fotos, die anderen zugänglich gemacht werden, darstellen und inszenieren.

Weitere Überlegungen und Ideen für eine nächste Umsetzung:

  • Anstatt einer Fotostory, die digital erstellt wird, jedoch in einer gedruckten Papierbroschüre mündet, wäre hier zu überlegen, ob die Fotostory nicht auch über geschützte Räume in sozialen Netzwerken erstellt werden könnte. Beispielsweise: Fotostory als Snapchat-Story oder Sammlung der Schülerproduktionen auf einem Instagram-Account.
  • Anstatt die Fotostory nach der Lektüre als Endprodukt zu initiieren, könnte die Fotostory ein lesebegleitendes Element im Unterricht sein. Literarische Gespräche über die ausgewählten Schlüsselszenen und die Darstellung durch die Lernenden könnten äusserst interessant werden.
  • Auch könnten die Lernenden das abgeschlossene Buch durch ihre eigene Fotostory weiterführen oder vertiefen. Wie geht es weiter mit den Protagonisten? Gewisse Szenen könnten abgeändert und die dadurch entstandenen Auswirkungen auf das weitere Geschehen thematisiert werden.

Zugegebenermassen haben die genannten Möglichkeiten ihre eigenen Vor- und Nachteile. Der Handlungs- und Produktionsorientierung messe ich persönlich bei literarischen Texten aber weiterhin einen hohen Stellenwert bei. In ein paar Wochen starten wir mit der nächsten Lektüre.

«Die Welle» soll es dieses Mal sein. Umsetzungsideen vorhanden – Update folgt.

Adaptive und personalisierte Lernsysteme

Der Heterogenität einer Klasse gerecht werden…
Schülerinnen und Schüler individuell fordern und fördern…
Personalisierte und niveauangepasste Aufgabenstellungen zur Verfügung stellen…
Formative Leistungserhebungen und daraus abgeleitete förderorientierte Lernpläne erstellen…
Die eigene Persönlichkeit entfalten und Kompetenzen vielseitig erweitern!

Die Versprechen adaptiver Lernsysteme lassen sich auf der Zunge zergehen. Auch die Erwartungshaltung vieler Lehrpersonen, mich eingeschlossen, sind dementsprechend hoch – vielfach vielleicht zu hoch oder (noch) unrealistisch. Versprechen dieses Kalibers lassen auch mein Pädagogen-Herz pochen und höherschlagen. Doch betrachte ich die aktuelle Situation mit der notwendigen Nüchternheit, dämpft sich meine anfängliche Euphorie und mein Herzschlag stabilisiert sich rasch wieder…

Vielleicht habe ich mir zu viel erhofft, vielleicht habe das heilbringende Lernsystem noch nicht gefunden oder vielleicht bin ich doch auch einfach zu gerne «Lehrperson, die vor der Klasse steht und mit den Jugendlichen gemeinsam etwas erschafft», aber bis jetzt haben mich adaptive Lern- und Testverfahren enttäuscht.

Meine Schülerinnen und Schüler finden zunächst Gefallen an dieser Art des selbstständigen Arbeitens. Auch ihre Augen werden bei den gemachten Versprechen grösser.
Adaptive Lernsysteme verorten Wissen und darauf abgestimmte Aufgabenstellungen meist in grösseren Kompetenzbereichen. Die Kompetenzbereiche decken dann jeweils weitere Teilkompetenzen ab.
Es ist eine Herausforderung, die Übersicht zu behalten. Meist beginnen die Lernsysteme mit einer Lernstandserhebung. Die Schüler lösen ein Aufgabenset und werden anschliessend in Niveaugruppen klassifiziert. Das System spuckt einen Zahlenwert aus, welchen man mit Hilfe einer Kompetenzskala interpretieren kann.

Anfänglich scheint es auch für die Lernenden interessant, Wissen zu klassifizieren und mit einem numerischen Wert ihre eigene Leistung im Vergleich mit Gleichaltrigen abschätzen zu können. Zwei Monate später stosse ich dann aber nicht selten auf Verwunderung, wenn mir meine Schüler berichten, dass ihre zweite Lernstandserhebung schlechter ausgefallen ist, als die erste, obwohl sie während den letzten Wochen pflichtbewusst an den generierten Lernsets gearbeitet haben. Spätestens beim dritten Resultat wird dann die Scheinobjektivität, die das System vorgaukelt, offensichtlich, wenn das Resultat ins andere Extrem ausschlägt.

Aufgabensets werden aufgrund von Momentaufnahmen zusammengestellt. Häufig sind sie wenig strukturiert. Es ist schwierig nachzuvollziehen, in welchen Kompetenzbereichen sich die Lernenden nun weiterentwickeln sollen. Die Resultate sind zu einem gewissen Grad Produkt der Tagesform. Das ist zwar auch im herkömmlichen Unterricht der Fall, doch das System ändert sich hier nicht fortlaufend, sondern ist weitgehend stabil. Besonders kritisch werde ich, wenn die vorgegaukelte Scheinobjektivität für bare Münze genommen wird. Zeugnisse beiseite, zeig mir deine Stellwerk-Resultate!

Keine Frage, auch Rückmeldungen von mir als Lehrperson gaukeln eine gewisse Scheinobjektivität vor. Detaillierte Kriterienraster mit Kompetenzbereichen sollen meine formativen und summativen Rückmeldungen «objektivieren», doch schliesslich fliesst immer noch eine ganze Menge Subjektivität in die Zusammenarbeit mit ein. Zurecht, wie ich finde.

Ich erkenne positive Aspekte bei adaptiven Lernverfahren, ich erkenne den Mehrwert! Nur bis anhin habe ich ihn noch nicht richtig fassen können. Und so frage ich mich nach einer ernüchternden Stunde im Computerraum:

  • Ist Lernen nicht doch eine hochgradig soziale Aktivität?
  • Was passiert mit den gesammelten Daten? Wie werden diese ausgewertet? Werden sie weiterverwendet?
  • Trifft der Begriff «Bildungsmonitoring» in diesem Aspekt den Nagel auf den Kopf?
  • Wo bleibt die Kreativität? Empathie? Das vernetzte Denken? Intrinsisches, entdeckendes Lernen?

Schliesslich besinne ich mich wieder und betrachte die Stunde mit einer gewissen Distanz.

Positive Aspekte bleiben: Gewisse Schülerinnen und Schüler arbeiten auch zu Hause mit den Programmen, intrinsisch motiviert! Positive Erfahrungen im Bereich des selbstständigen und selbstorganisierten Lernens werden gesammelt. Einzelne Jugendliche zeigen mir mit Stolz ihre Lernfortschritte; zwar numerisch klassifiziert und nur schwer zu interpretieren, aber es macht den Anschein, als liessen sich hier Selbstwirksamkeitserfahrungen erkennen.

Ich bleibe mit geteilten Gefühlen zurück: Enttäuscht vom Heilsversprechen, aber doch erwartungsvoll und neugierig in die Zukunft blickend. Die Lernenden tippen weiter eifrig auf den Tasten rum, meine damalige Mentorin an der Pädagogischen Hochschule würde vermutlich von einem «hohen Anteil echter Lernzeit sprechen» …
Nur allzu gerne würde ich die Einzelheiten der Lektion mit ihr bis ins kleinste Detail durchkauen, wie das damals üblich war. Käme sie nun mit ihrem Lieblingspädagogen Hilbert Meyer und dem so wichtigen «hohen Anteil echter Lernzeit», würde ich sie wohl  höflich korrigieren. Hohe Schüleraktivität vorhanden, das mit der echten Lernzeit… da bin ich vorsichtiger mit meinem Urteil.

 

App „Fliehen vor dem Holocaust. Meine Begegnung mit Geflüchteten“

Kurzzusammenfassung

  • Eine App, die einen individuellen Zugang zum Holocaust ermöglicht.
  • Fünf Zeitzeuginnen bzw. Zeitzeugen erzählen ihre Geschichte.
  • Die SuS entscheiden sich für eine Person und schauen ihre Geschichte, bearbeiten vertiefende Aufgaben und stellen sich digital ein Dossier zur gewählten Person zusammen.
  • Der zeitliche Rahmen für die Auseinandersetzung mit der Person beträgt 50-75 Minuten.
  • Am Ende erhalten die SuS sowie auch die LP das ausgefüllte Dossier der SuS als vierseitiges PDF-Dokument per E-Mail.
  • Die Auswertung kann im Plenum, individualisiert oder als Gruppenpuzzle erfolgen.

Empfehlenswert, weil…

  • Eindrückliche Zeitzeugenberichte und Interviews mit Holocaust-Überlebenden
  • Vertiefende und personalisierte Aufgabenstellungen stehen zur Verfügung
  • Die SuS erhalten das Dossier mit den wichtigsten Fakten und die Zusammenfassung direkt per E-Mail.
  • Der Bogen zur heutigen Zeit wird gespannt: Was ist «Flucht» heute? Wie gehen wir mit Flüchtlingen um?

Schülermeinungen

  • Positive Aspekte: gute Fragen, übersichtliche Struktur, man kann selbst Themen zu den Videos aussuchen, eigene Gedanken und Meinungen darf man äussern, man kann selbstständig arbeiten, interessante Geschichten, spannende Menschen, regt zum Nachdenken an, es geht auch um die heutige Flüchtlingsthematik
  • Kritikpunkte: noch mehr abwechslungsreiche Aufgaben, teilweise konnte man die Antworten nicht mehr ändern, auf dem Handy eher mühsam (Texte schreiben, Videos schauen)

Liebe Geschichtslehrpersonen

Im Rahmen des 2. Weltkrieges bin ich bei der Vorbereitung auf eine Umsetzungsidee gestossen, die ich ausserordentlich interessant und gelungen finde. Vielleicht ist die Idee ja auch etwas für euch…mir hat sie gefallen!

Angeregt durch einen Artikel in der Zeitschrift «Bildung Schweiz» habe ich die App «Fliehen vor dem Holocaust» heruntergeladen und mich dazu entschlossen, den Holocaust und damit verbundene Zeitzeugenberichte anhand der interaktiven App im Klassenzimmer zu thematisieren.

«Fliehen vor dem Holocaust. Meine Begegnung mit Geflüchteten» ermöglicht einen individualisierten, persönlichen und eindrucksvollen Zugang zum Holocaust. Die Geschichte von fünf Personen wird anhand von zugrundeliegenden Videointerviews und weiterführenden Arbeitsaufträgen thematisiert. Die Lernenden entscheiden sich für eine Person und vertiefen sich, je nach Interesse, in unterschiedlichen Themenbereichen und Geschichtsaspekten. So erstellen sie ihr eigenes Album beziehungsweise gestalten ihre persönliche Begegnung mit Zeitzeugen des Holocausts.

Der Lehrperson steht für die Umsetzung im Unterricht eine detaillierte Handreichung zur Verfügung. Meine Lernenden haben die App als Hausaufgabe auf die kommende Geschichtsstunde heruntergeladen. Dabei liess ich es offen, ob sie die App auf ihrem Smartphone oder Tablet herunterladen wollten. Die Arbeit mit dem Tablet bewährte sich, da die Videos in voller Grösse geschaut und die Antworten über die Tablet-Tastatur unkomplizierter und schneller eingegeben werden konnten. Auch zusätzliche Rechercheaufträge gestalten sich auf dem Tablet einfacher. Während gut 50-75 Minuten haben sie sich in der Thematik vertieft, eigene Schwerpunkte gesetzt und aus erster Hand über Einzelschicksale und welthistorische Ereignisse gelernt.

Ein grosser Vorteil der App sehe ich darin, dass die Lernenden am Ende der Aufgabenreihe ihr persönliches Dossier als pdf-Datei per E-Mail erhalten. Auch kann direkt eine Kopie an die Lehrperson gesendet werden. In der darauffolgenden Lektion werteten wir die Begegnungen und die mitgebrachten Dossiers in der Form eines Gruppenpuzzles aus. Die Lernenden fanden Gefallen an der App; ich ebenfalls!

Pixilation «neighbours»

Pixilation «neighbours» Klasse S2a 2017/18

von Barbara Ramer (LP bildnerisches Gestalten)
Bezogen auf den Ausstellungsbesuch «Hallo, Nachbar» im Vögele Kulturzentrum beschäftigten sich die Lernenden im Bildnerischen Gestalten in verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten mit der persönlichen Nachbarschaft. Die Urpixilation in der Ausstellung – «Neighbours» von Norman McLaren (Pionier u. Oscar im Animationsfilm 1953 – UNESCO Weltdokumentenerbe) – regte zur Storyboardentwicklung eigener Nachbarschaftsgeschichten an.

Stopmotion wird in Einzelbildern zBsp mit einer digitalen Fotokamera produziert. Für die Einzelbildaufnahmen wurden die Filmgebenden wichtigen Einstellungsgrössen (Totale Halbtotale Amerikanisch Brustbild Nah Detail) thematisiert und wichtiges hinsichtlich Licht, Schärfe und Distanz in der digitalen Fotografie gelernt.

Produziert wurde zuerst ein Sachtrick (Animation mit Gegenständen) um das Programm «Stopmotion ProEclipse» kennenzulernen. Dazu gehörte verdoppeln/schneiden von Bildern, verlängern, kürzen, umkehren von Sequenzen um eine interessante Rhythmisierung zu erreichen. Mit Hilfe dieser Kenntnis erarbeiteten die Lernenden die eigentliche Pixilation (verrückte Animation mit Personen) in Einzelbildaufnahmen zum Thema. Als Videodatei ausgegeben und ins Filmprogramm «Adobe Premiere Elements» importiert, wurde von den Lernenden die Animation in der Audio- und zweiter Videospur überarbeitet und mit Vor-, Abspann als eigenständigen Film ausgegeben.

„Meeting Neighbours“

 

„Nachbarstreit“

 

„Scary Bags“

Vom Bauernhof ins digitale Klassenzimmer

   

Vom 17. bis 20. September fanden an unserer Schule die diesjährigen Thementage statt. Gemäss unserem Jahresmotto «Leut(s)chen lebt» konnten sich die Schülerinnen und Schüler für unterschiedliche Projekte und Workshops einschreiben und von einem vielfältigen Angebot profitieren. Die klassen- und jahrgangsübergreifenden Gruppen tauchten für zweieinhalb Tage in eine für sie noch unbekannte Welt ein.

Unser Projekt «Leut(s)chen lebt – Wie lebt es sich auf dem Bauernhof?» schlug die Brücke zwischen Tradition und Moderne. Der Lamahof Sattel eignete sich bestens dazu, die Kluft zwischen Vorurteilen und Realität zu überwinden. Er zeigt ein modernes, alternatives Bild eines Bauernhofes und setzt optimale Voraussetzungen für nachhaltiges Lernen im Einklang mit der Natur. Von der Pflege und Betreuung der Lamas, über das Schleppen von Steinen und Geröll aus dem Bergsturzgebiet oder die Besichtigung eines einheimischen Krebsweihers, bis hin zum wohlverdienten Abendessen über dem Lagerfeuer und der Übernachtung im Tipizelt – die zwei Tage bestätigten einzelne Erwartungen beziehungsweise differenzierten diese oder räumten mit Vorurteilen gegenüber dem «klassischen Bauernhof» auf.

Auch bei der Konzeption der Thementage wollten wir den Bogen zwischen traditioneller Arbeit und moderner, digitaler Auswertung spannen. Während den beiden Tagen auf dem Hof erhielten die Lernenden den Auftrag, als Reporterinnen und Reporter Informationen über ein selbst gewähltes Thema zu sammeln und Fotos zu knipsen, Videos zu drehen, Interviews zu führen und Erlebnisberichte zu verfassen. Die Auswertung geschah anschliessend am Mittwochmorgen im Klassenzimmer.

Die Schülerinnen und Schüler erstellten mit Hilfe von Wix ihre eigenen Medienprodukte, indem sie ihre Erfahrungen auswerteten, strukturierten und digital auf der Webseite publizierten. Während ungefähr drei Lektionen alternierten intensive Schreibphasen mit Kurzsequenzen zur technischen Handhabung und medialen Präsentationsform. Inspiriert wurden wir unteranderem auch durch das von Bruno geleitete Projekt «Schulevents mit einem Weblog begleiten». Diesbezüglich teilen wir die im Blogbeitrag geschilderten Erfahrungen und Erkenntnisse im Hinblick auf den Gestaltungsprozess und blicken auf spannende Tage im realen und digitalen Lebensraum zurück.

Als besonders nützlich erwies sich in diesem Zusammenhang Microsoft Teams, das an unserer Schule flächendeckend eingeführt wurde. Der Upload von Fotos und Videos gestaltete sich unkompliziert, da sich die Lernenden die auf dem Smartphone gemachten Fotos und Videos in kleinen Chatgruppen oder über den Privatchat senden konnten und die Dateien so durch den cloudbasierten Charakter der Software auch gleich, ohne Qualitätsverlust durch Komprimierung, auf dem Tablet zur Verfügung standen. Auch die Microsoft One Drive-App könnte hier verwendet werden, um die datenintensiven Bilder und Videos direkt vom Smartphone mit dem Tablet zu verlinken. Ein detaillierter Artikel über die Einführung und Verwendung von Microsoft Teams folgt in absehbarer Zeit.

 

Den erstellten Weblog findet man unter: https://leutschen.wixsite.com/lamahof 

 

Drehbücher schreiben mit OneNote und Microsoft Word Online

Freitagmorgen, 14.09.2018, 08.12 Uhr

Ich sitze hinter meinem Schreibtisch und beobachte meine Klasse bei der Arbeit. In Kleingruppen schlüpfen meine Schülerinnen und Schüler in die Rolle eines Regisseurs. Sie müssen, angelehnt an das Kapitel «William Shakespeare» aus dem Lehrmittel Sprachstarken 9, ein Drehbuch zu einem selbstgewählten Leitmotiv verfassen. In einem weiteren Schritt ist dann die filmische Umsetzung des eigenen Drehbuchs geplant.

Die letzten Arbeiten stehen an, der Feinschliff. Der Text ist grösstenteils geschrieben. Über OneNote und Microsoft Word Online arbeiten die Jugendlichen gleichzeitig am Text. Alle sind aktiv an der Arbeit beteiligt. Die Jugendlichen spezialisieren sich auf ausgewählte Bereiche. Ein Junge arbeitet gemäss Vorgaben zur Textformatierung und Beispiel Drehbuch an der Textformatierung, ein Mädchen spezialisiert sich auf die Grammatik und Rechtschreibung, Online-Korrekturprogramme unterstützen sie bei ihrer Arbeit, und der leitende Regisseur gleicht den Text mit dem ausgehändigten Bewertungsraster ab. Gelegentlich versammeln sie sich vor einem Bildschirm und besprechen Schwierigkeiten und das weitere Vorgehen. Hie und da entstehen kurze, hitzige Diskussion, bevor man sich wieder individuell der Arbeit widmet. Ein Schüler meint, dass die gemeinsame Absprache und Aufgabenteilung zentral sind, sonst funktioniert das Ganze nicht. Zwei Minuten später höre ich nichts mehr, alle sind wieder in ihren Aufgabenbereichen vertieft.

Technische Probleme beeinflussen hie und da die Arbeit. Die Textformatierung, insbesondere die Arbeit mit Tabulatoren, funktioniert nur dann, wenn die Schülerinnen und Schüler eine Kopie des online-Dokuments herunterladen und offline bearbeiten. Auch Verzögerungen bei Ausformulierungen und bei der Textgestaltung treten auf. Genervte «Ahh..»’s wechseln sich ab mit konstruktiven Diskussionen rund um das Drehbuch. Ich selbst habe mich zurückgezogen, agiere als interessierter Beobachter und biete Hilfestellungen, wo ich kann und wo sie benötigt werden. Word-Grundlagenkenntnisse werden angewendet, da es integraler Bestandteil der Aufgabe ist. Häufig wird auch ausprobiert (trial & error) und gelegentlich wird meine Hilfe benötigt. Eine Schülerin schaut gerade ein Kurzvideo zur Arbeit mit Tabulatoren. Ich habe sie nicht darauf aufmerksam gemacht. Zuvor fragte sie kurz, ob das in Ordnung gehe. Natürlich geht das in Ordnung!

Ich selbst habe das Gefühl, dass alle Jugendlichen aktiv Texte «schaffen» und sich intensiv mit der Sprache und der formalen Textgestaltung auseinandersetzen. Der Anteil echter Lernzeit ist hoch und die Kooperation funktioniert, da diese digitale und kooperative Arbeitsform bereits häufiger aufgegriffen und thematisiert wurde. Irgendwie gefällt mir die Lektion, auch wenn ich selbst sehr gerne aktiv vor der Klasse stehe. Ich erlebe wieder einmal, wie bei diesem Beispiel die digitalen Möglichkeiten einen klaren Mehrwert generieren.

Auch die Drehbücher lassen sich sehen. Sie sind zumeist einheitlich gestaltet und sprachlich intensiv überarbeitet. Auch sehe ich als Lehrperson relativ deutlich, wo trotz sprachlicher Überarbeitung und Textformatierung nach wie vor Schwierigkeiten vorhanden sind und wo nicht nur die Lernenden, sondern auch Korrekturprogramme an ihre Grenzen stossen.

Das Projekt hinterlässt im Grossen und Ganzen einen stimmigen Gesamteindruck bei mir. Ein Beispieldrehbuch aus der 3. Realstufe und ein weiteres aus der 3. Sekundarstufe offerieren konkrete Einblick in die Arbeit und das Endprodukt.

Klassenlager ahoi – Klassenzeitung ade!

Projekt «Video-Blog»: Unser Lager am Rheinfall

Unser Klassenlager steht vor der Tür und damit auch die Frage, wie wir die gemeinsame Zeit in Neuhausen am Rheinfall nachhaltig in Erinnerung behalten können. Wir haben uns im Klassenrat gemeinsam dazu entschieden, anstatt der traditionellen Lagerzeitung «Vlog-Beiträge» zu erstellen.

Was ist ein «Vlog?»

Die Abkürzung «Vlog» steht für das Format eines Video-Blogs, also eine Reihe von periodisch erscheinenden Videobeiträgen aus der Ich-Perspektive zu unterschiedlichen Themen. Für unser Lager haben wir uns gegen eine periodische Veröffentlichung von Einzelerlebnissen und für eine episodische Zusammenfassung gemeinsamer Erlebnisse entschieden. Pro Lagertag erhält jeweils eine Gruppe den Auftrag, wichtige/schöne/prägende Ereignisse des Erlebten festzuhalten. Anschliessend werden die einzelnen Videos von der jeweiligen Gruppe zu einem Gesamtvideo in der Länge von 3-5 Minuten zusammengeschnitten. Als Endprodukt entsteht ein Lagerfilm, der einen Eindruck in die gemeinsamen Erlebnisse ermöglicht.

Weshalb «vloggen» wir?

Traditionsgemäss werden bei uns die gemeinsamen Erlebnisse aus dem Klassenlager verarbeitet, festgehalten und reflektiert. Bis anhin übernahm diese Rolle die klassische «Lagerzeitung» – eine schriftliche Zusammenfassung der gemachten Erfahrungen. Eine zeitgemässe und äusserst motivierende Alternative stellt dabei das Erstellen eines Vlogs dar.

Parallel und anwendungsorientiert greifen wir im Unterricht das Thema «Datenschutz und Recht am eigenen Bild» auf. In der Zeit von Social Media und Co. ist es wichtig, dass Jugendliche beim Umgang mit dem Erstellen, Bearbeiten und Verbreiten von persönlichen Daten sensibilisiert werden. Auch die sozialen und rechtlichen Aspekte werden thematisiert.

Zusätzlich ist das erstellte Video auch eine optimale Möglichkeit, dass Eltern und Bekannte konkrete Einblicke in den Schulalltag und ins Lagerleben erhalten können.

Vorgehen

Im Klassenrat einigten wir uns auf die formalen Vorgaben und definierten einstimmig die Regeln für das Erstellen der Videos. Die Eltern wurden über das Projekt schriftlich informiert und mussten aus Datenschutzgründen ihr Einverständnis für das «Vlog-Projekt» geben.

Die Schüler/innen werden nun während einem Tag die Ereignisse des Lagergeschehens dokumentieren und, falls gewünscht, später bearbeiten. Da wir im Unterricht bereits oft mit selbsterstellten Videos gearbeitet haben, brauchte es meinerseits keine zusätzliche Einführung zum Erstellen, Schneiden und Bearbeiten von Videos (vgl. z.B. «Videoprojekte im Fremdsprachenunterricht»). Die fünf erstellten Videos werden schliesslich von mir mit Hilfe von «Windows Live Movie Maker» zusammengeschnitten und zu einem Gesamtbeitrag zusammengefügt. An einer gemeinsamen «Abschlusszeremonie» wird das Endprodukt schliesslich eingeweiht und den Lernenden präsentiert. Die Schüler/innen erhalten anschliessend die Möglichkeit, das Video per USB-Stick als kleine Erinnerung mit nach Hause zu nehmen und der Familie zu zeigen.

Hier noch ein paar Infos zu den im Klassenrat definierten Vorgaben und Regeln:

Formale Vorgabe

  • Die Gesamtlänge des Videobeitrags beträgt 3-5 Minuten. Längere oder kürzere Videos werden nicht akzeptiert.
  • Die Videos dürfen geschnitten und mit zusätzlichen Effekten (z.B. Musik, Übergänge, etc.) bearbeitet werden.
  • Die Videos werden jeweils mit dem Smartphone einer Person erstellt.
  • Alle Videos müssen im Querformat gefilmt werden.
  • Das vollendete Video wird bis am 29. Juni 2018 der Lehrperson zur Verfügung gestellt. (Keine WhatsApp-Nachrichten, da das Video so komprimiert wird. Alternative: USB-Stick, Clouds, etc.)

Regeln zum Erstellen des Videos

  • Es wird niemand gefilmt, der nicht gefilmt werden möchte.
  • Niemand wird in peinlichen oder für die Person unangenehmen Situationen gefilmt.
  • Jede gefilmte Person hat den Anspruch, die gemachten Videoaufnahmen der Gruppen anzuschauen und bei Bedarf zu löschen (Absprache Lehrperson).
  • Das Filmen in den Zimmern, WC’s und ähnlichen Orten der intimen Privatsphäre ist untersagt.
  • Das Filmen in der öffentlichen Badeanstalt ist untersagt.
  • Ausschliesslich wichtige, gemeinsame und einprägsame Ereignisse werden gefilmt.

Beim Verstoss gegen oder bei einer Nichteinhaltung der oben aufgeführten Regeln werden disziplinarische und/oder rechtliche Massnahmen geltend gemacht.

Apprentissage numérique

Digitaler Fremdsprachenunterricht mit Lernplattformen

Während den vergangenen acht Wochen bin ich mit meiner Klasse im Französischunterricht intensiv in die Welt des digitalen Lernens mit Hilfe von unterschiedlichen Lernplattformen eingetaucht. Nach einer ersten Arbeitsphase ist es nun an der Zeit, ein Zwischenfazit zu ziehen.

Welche Lernplattformen gibt es für den Französischunterricht/Fremdsprachenunterricht?

Es ist nicht ganz einfach, eine Vielzahl von unterschiedlichen und qualitativ ansprechenden Lernplattformen oder Übungssoftwares für den Französischunterricht aufzuzählen. Neben den Lernplattformen, die sich bereits seit geraumer Zeit im Umlauf befinden und Einzug in den Schulalltag gefunden haben wie beispielsweise «Schularena», «Quizlet» oder «On s’entraine» habe ich auch kostenpflichtige Produkte von privaten Unternehmen getestet. Auf Anfrage gebe ich gerne Auskunft über die dabei gemachten Erfahrungen mit den getesteten Plattformen.

Qualitativ gute gratis e-Learning-Plattformen sind aus nachvollziehbaren Gründen nicht ganz einfach zu finden. Ich persönlich arbeite noch gerne mit «Bonjour-de-France». Mittlerweise gibt es eine Reihe von kostenpflichtigen Angeboten, die teils adaptiv und ansprechend/motivierend gestaltet sind. Eine gute Übersicht dazu gibt die Seite «Online-Sprachen-Lernen».

Wie sind solche Lernplattformen aufgebaut?

Neben den wenigen digitalen Lernplattformen, die auf den vorhandenen Lehrmitteln basieren, orientieren sich die meisten Lernplattformen am Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeRS). In unterschiedlich gegliederten Unterrichtseinheiten werden meist grammatikalische und teils kommunikative Sprachkompetenzen erworben und gefördert. Die Lernenden können selbstständig nach ihren Interessen und nach ihrem eigenen Rhythmus an den Inhalten arbeiten. Häufig wird dabei zuerst die Theorie präsentiert, bevor Vertiefungs- und Überprüfungsaufgaben gelöst werden können (deduktive Herangehensweise). Die Lehrperson begleitet und unterstützt dabei die Schülerinnen und Schüler im Lernprozess. Bei vielen Lernplattformen gibt es erweiterte Nutzungsrechte für Lehrpersonen, um den Lernprozess der Schüler/innen im Überblick zu behalten.

Einige Vorteile von digitalen Lernplattformen

  • Anregende, motivierende Ergänzung zu den vorhandenen Lehrmitteln
  • Teils ansprechend animierte Videos inklusive Transkribt
  • Förderung der Selbstständigkeit und Selbstorganisation der Lernenden
  • Klare Struktur – häufig benutzerfreundliches und intuitives Layout
  • Transparente Lernzielorientierung (sehr unterschiedlich)
  • Direktes Feedback durch digitale Auswertung (ressourcenorientiertes Arbeiten)
  • Möglichkeiten zur Differenzierung nach Niveau, Interesse, Lerntyp, etc.
  • Wenig Papier
  • Smartphone-kompatible Websites (immer mehr im Umlauf)
  • Je nach Plattform teils erweiterte Nutzungsrechte für Lehrpersonen (Codes für Tests, Übersicht Leistungen und Aktivität der Lernenden, Transkribte, etc.)

Kritische Punkte

  • Als Lehrperson ist es schwierig, beim individualisierten Arbeiten den Überblick zu behalten. Hier bietet sich die Arbeit mit Lernjournalen und Erkenntnisberichten an.
  • Sprechsituationen und Sprechübungen müssen häufig ergänzt werden (der kommunikative Aspekt kommt eher zu kurz)
  • Binäres Auswertungssystem: Es gibt nur «richtig» oder «falsch», es gibt keine halben Punkte (z.B. «accent aigu» vergessen/Einzahl-Plural).
  • Die Lernenden müssen meist ihr eigenes Sprachniveau gut kennen, um gezielt niveaugerechte Aufgaben lösen zu können. Einzelne Lernenden werden hier überfordert sein (hier ist die Unterstützung durch die Lehrperson zentral).
  • Datenintensive Videos: Bei einer schlechten Internetverbindung laden einzelne Dateien nicht oder nur sehr langsam. (schulinterne Unterschiede)
  • Sprachenlernen ist hier teilweise Selbstzweck, was durchaus auch seine Berechtigung aufweist und keinesfalls nur negativ gewertet werden soll. Neueren Entwicklungen der Fremdsprachendidaktik wie dem Communicative Language Approach oder dem Task-Based-Learning (Apprentissage par tâches, acteurs sociaux) wird dabei allerdings wenig Rechnung getragen.
  • Viele Lernplattformen und gratis Übungssoftwares weisen keinen adaptiven Charakter auf (Anpassung an den aktuellen Sprachstand der Lernenden). Es bleibt abzuwarten, ob alternative Angebote wie «Lernpass» ähnliche und/oder erweiterte Möglichkeiten in Bezug auf digitales Lernen bieten.

Digitale Lernplattformen und Übungssoftwares – eine Alternative zum Lehrmittel?

Ja, meines Erachtens kann man sie als Alternative zu den aktuellen physischen Lehrmitteln betrachtet. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass sich viele Programme primär am GeRS orientieren. Weiterführende Schulen orientieren sich indes noch stark an den kantonal empfohlenen und/oder teils vorgeschriebenen Lehrmitteln. Die Lernplattformen können somit gut als Ergänzung zu den bestehenden Lehrmitteln eingesetzt werden. Ausserdem bieten sie Möglichkeiten für förderorientierte und individualisierte Unterrichtsgefässe, welche nach dem Prinzip des selbstorganisierten Lernens (SOL) aufgebaut sind.

Meine Klasse hat grundsätzlich ein sehr positives Fazit zur Arbeit mit den digitalen Lernplattformen gezogen.

Exemplarische Aussagen einzelner Schülerinnen und Schüler

  • «Ein grosser Unterschied war, dass wir kaum Zeug brauchten. Sonst war es sehr mühsam mit den Büchern.»
  • «Die spielerischen Aufgaben waren cool. Die Theorie sollte noch auf Deutsch übersetzt werden.»
  • «Ich kann in meinem eigenen Tempo arbeiten.»
  • «Es macht viel mehr Spass am Tablet zu arbeiten, weil man selbstständiger sein muss.»
  • „Die Theorieaufgaben machen mir besonders viel Spass.»
  • «Ein Nachteil ist, dass es einen ganzen Punkt Abzug gibt, wenn man einen Fehler hat.»
  • «Es macht Spass. Man lernt nur elektronisch und nicht mit dem Buch/Heft.»
  • «Es hat ein bisschen viel Text und (fast) keine Videos.»
  • «Ich würde gerne weiterhin so arbeiten, weil meine Motivation mehr da ist und ich sehe meine Fortschritte an den Punkten.»
  • «Wenn ich etwas ändern könnte, würde ich mehr spielerische Aufgaben erstellen.»
  • «Ich bevorzuge Envol, weil es mehr mit der Klasse ist.»

Texte schaffen am Computer – Ein notwendiges Übel der Zeit?

Kürzlich war ich auf Besuch bei einem guten Freund, der zwar kein Lehrer ist, allerdings Germanistik studiert. Wir diskutierten, ja stritten uns darüber, ob das Schreiben von Aufsätzen am Computer «zum Zerfall der deutschen Sprache» (Zitat Kollege) beiträgt. Die Aussage war wohl nicht ganz ernst gemeint und in vielen Punkten waren wir einer Meinung, doch irgendwie hat mich die ganze Diskussion nicht losgelassen und auch später noch beschäftigt.

Ich selbst schreibe vieles von Hand. Im Studium haben wir gelernt, dass das handschriftliche Anfertigen von Notizen zu einer grösseren Verarbeitungstiefe führt. Dabei besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Umformulieren und Restrukturieren von fremden Ideen und der bewussten inhaltlichen Verarbeitung beim Schreibprozess. Klingt ja durchaus einleuchtend, macht Sinn…und schliesslich bin ich ja auch so aufgewachsen: In der Schule hatten wir keine Tablets oder ein schickes Smartboard; der Stift war unser einziger Feind (ähh Freund). Gerne geschrieben habe ich nämlich nie, das hat sich heute geändert.

Deutschlehrpersonen können ein Lied von der teils mühseligen Korrektur von Texten nach formalen Kriterien singen. Von vielen Seiten höre ich aus meinem Berufsfeld und aus meinem Bekanntenkreis, „dass die heutige Jugend keinen anständigen Satz mehr schreiben kann. Die Jugendlichen kleben ja nur noch an ihren Bildschirmen, ein gutes Buch dient selten dem Zeitvertreib.“  Nun gut, als Deutschlehrer muss ich ja irgendwie Stellung beziehen… Die Behauptungen mögen zum Teil ja berechtigt sein, dennoch haben sie viele Ursachen und stehen meines Erachtens in keinem direkten Zusammenhang zur Digitalisierung.

Als Reallehrperson stelle ich fest, dass ein Grossteil meiner Klasse Probleme mit der Grammatik und Rechtschreibung hat. Die Korrektur und Überarbeitung von Texten gestaltet sich schwierig, das Blatt wird in rote Farbe getunkt und die Frustration steigt – auf beiden Seiten. Irgendwie kommt mir das bekannt vor aus meiner Schulzeit…

Spätestens seit der Einführung des LP21 steht nun fest, dass auch im Deutschunterricht Anwendungskompetenzen aus dem Bereich „Medien und Informatik“ gefördert werden sollen. Dazu gehört auch die Arbeit mit Textverarbeitungsprogrammen. Dies führt bei einigen meiner Kolleginnen und Kollegen zu Unmut: Im Deutschunterricht steht nun noch weniger Zeit zur eigentlichen Arbeit an der Sprache zur Verfügung! Ganz nüchtern betrachtet durchaus korrekt, doch meines Erachtens kann die Zeit auch intensiver genutzt werden.

Bei einem Grossteil meiner Aufsätze machen sich meine Schülerinnen und Schüler die Korrekturfunktion von Word zu Nutze. Die handlungsorientierte Einführung braucht Zeit, lohnt sich jedoch. Des Weiteren habe ich mit ihnen verschiedene online-Rechtschreibhilfen angeschaut und thematisiert, wie beispielsweise «LanguageTool» oder die online Rechtschreibprüfung von Duden. Die Schülerinnen und Schüler werden dadurch auf ihre sprachlichen Schwierigkeiten  aufmerksam gemacht und sensibilisiert, ausserdem erhalten sie umgehend Vorschläge, Alternativen und Theorieerklärungen zu den gemachten Fehlern. Seither gibt es weniger schnippende Finger im Raum, die Schüler/innen können sich selber helfen.

Hinzu kommt, dass ich als Lehrperson Texte auf Word schneller überarbeiten und differenziertere Hilfestellungen anbieten kann. Die Korrekturfunktion von Word ermöglicht es mir, einzelne Textausschnitte hervorzuheben und mit kurzen Kommentaren zu versehen (vgl. Beispiel Schüleraufsatz). Der ursprüngliche Text bleibt bestehen und die Lernenden erhalten die Möglichkeit, den Text unter Berücksichtigung meiner Hilfestellungen und Anregungen zu überarbeiten.

Des Weiteren ist bekannt, dass der Schreibprozess keineswegs linear ist. Textabschnitte werden gestrichen, verändert oder hinzugefügt. An der Sprache wird «gearbeitet», ein Text wird «geschaffen». Bei einem von Hand geschriebenen Text (lineare Ausführung, nicht-linearer Prozess) führt das a.) wie bei mir zu einem visuellen Chaos, b.) zu einer Schreibblockade oder c.) zu Schreibhemmungen, die wiederum dazu führen, dass der Text, trotz vielleicht prickelnder Ideen, so belassen wird, wie er eben gerade niedergeschrieben wurde. Viele meiner Schülerinnen und Schüler teilen mir mit, dass sie lieber am Computer schreiben, da es für sie so leichter ist, Ideen auszuformulieren und Texte zu bearbeiten.

Kann man also die Provokation meines Kumpels umdrehen und behaupten, dass der Computer die deutsche Sprache rettet? Naja, nicht wirklich… Fehler wiederholen sich weiterhin, sodass mir die Haare zu Berge stehen, die Ideenfindungsphase gestaltet sich nach wie vor schwierig, Grammatik- und Rechtschreibfehler liegen trotz Korrekturprogrammen und Rechtschreibhilfen an der Tagesordnung.

Fazit: Texte schaffen ist und bleibt harte Arbeit; ist anspruchsvoll, mühsam, zeitweilen kreativ und erfüllend, häufig aber auch frustrierend. Das Medium ändert, die Schwierigkeiten bleiben bestehen, aber neue Möglichkeiten zeigen sich.

Vor zwei Wochen musste ich einer Schülerin ihr Bewerbungsschreiben für die Schnupperlehre ausdrucken. Einzelne Fehler gab es zwar noch, dennoch war das Schreiben sowohl inhaltlich als auch sprachlich ansprechend verfasst. Als ich sie darauf ansprach, hat mich ihre Antwort gefreut: «Deutsch ist eigentlich nicht so mein Ding. Leider können mir meine Eltern nicht helfen, deshalb bin ich froh, dass mir wenigstens mein Tablet ein bisschen hilft.»

Die Schnupperlehre hat sie schliesslich gekriegt.